Gemeindebrief
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Gemeindebrief – Oktober 2021

Wer den Putbusser Friedhof „Am Mühlenberg“ erkundet, wird vor dem Grab der Charlotte von Kathen stehenbleiben. Ihre Geburts- und Sterbedaten sind noch deutlich zu entziffern. Der Tod hat ihr Leben bereits vor mehr als 170 Jahren beendet. Das Grabkreuz ist über die Jahre in die hoch aufragenden Baumstämme eingewachsen. Bei Sonnenschein zieht der Schatten des Kreuzes das Auge nach unten zur Erde. Frau von Kathen war eine fromme Frau. Fromm und aufgeschlossen für den gesellschaftlichen Wandel ihrer Zeit.

Sie organisierte den bekannt gebliebenen Götemitzer Kreis in ihrem Gutshaus in Götemitz bei Rambin, wo Gelehrte, Pastoren und an Literatur Interessierte sich trafen. Auch der Freiheitskämpfer Ernst Moritz Arndt und Friedrich Schleiermacher, der Kirchenvater des 19. Jahrhunderts, wie er genannt wird, gehörten dazu. In Briefen vor allem an Arndt schildert sie ihre Liebe zur Natur und berührend auch ihr festes Vertrauen in die göttliche Fügung.

Gegen Ende ihres Lebens wohnte Charlotte von Kathen acht Jahre lang in Putbus. Beglückt erzählte sie Arndt von ihrem morgendlichen [Augen-] Blicken aus dem Fenster ihres Hauses. Sie schaute, wie sie schreibt, in den weitgeöffneten Himmel; auf das Mönchgut und den Vilm vom Sonnenglanz paradiesisch erhellt. Sie liebte Putbus und das Leben dort. Ihr kranker Mann suchte jedoch Heilung in der Stadt. Das Ehepaar zog nach Stralsund.

Als Witwe kehrte Frau von Kathen zurück. Zurück auch zu vertrauten Menschen, wie zur Familie des Sohnes Fritz in Vilmnitz, der dort Pastor war, zur Tochter Friederike, verheiratete Friedrichs, ihrem Mann und zwei Kindern. Die Eheleute Friedrichs bewirtschafteten das Gut in Streu. Die nicht verheiratete Tochter Charlotte wohnte weiterhin bei ihr. Auch Pastor Freiherr von Rechenberg gehörte zum Freundeskreis. Sonntags besuchte sie seinen Gottesdienst in der Kapelle, die sich im Schloss befand und von der Putbusser Gemeinde als Kirche genutzt wurde. In dieser Kapelle wird auch der Trauergottesdienst für Charlotte von Kathen gehalten worden sein. Vermutlich geleiteten sie alle ihre Kinder, deren Ehepartner und die Kindeskinder anschließend zur letzten Ruhestätte auf den Putbusser Friedhof.

Charlotte von Kathen hatte über das endliche Leben auf Erden oft nachgedacht und ihre Gedanken in Briefen eindrucksvoll formuliert. In großer Trauer um ihre Tochter Karoline, die in Berlin im Kindbett starb, schrieb sie an Ernst Moritz Arndt:

„Wenn die Stimme Gottes in Sturm und Ungewitter an uns vorübergeht, wer möchte nicht erschrecken bis ins tieffste Herz hinein? Bis eine Stille wieder wird, eine Stille des Herzens, die jede Frage ausschließt, ein seliges Ruhen an das treue Vaterherz der Liebe: mitten in dem tieffsten Schmerze ein freudiges Hinblicken auf ihn, der Erlösung uns verspricht von jeder und von aller Schuld.“

Doch weiß sie auch von der Kraft des Trostes durch mitfühlende Freunde:
„Nehmt mich in Eure Arme, Ihr Lieben“, schreibt sie, „an Eure treue Brust. Laßt mich weinen Tränen, die Gott uns zu weinen erlaubt, und laßt mich Trost und Stärkung finden in Eurer teilnehmenden Liebe.“

Jutta Neuper

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